Salzburg/Regensburg, 26.10.2015

Grenzen in Kontext von Pflege – 39. Internationaler Pflegekongress in Salzburg

In der Grenzstadt Salzburg traf sich Ende Oktober 2015 zum traditionellen Internationalen Pflegekongress eine Vielzahl von Pflegenden und Seelsorgern aus Österreich, Italien und Deutschland. Unter dem Motto „Grenzen wagen – Kontur gewinnen – Mensch bleiben“ wurde an zwei Tagen gemeinsam über berufliche und persönliche Grenzen und Grenzerfahrunagen nachgedacht, diskutiert und reflektiert.

Mit einem grundlegenden Referat zur Lebensgrenzen, die jeder Mensch erfährt, verdeutlichte der Theologe und Soziologe Prof. Dr. Michael Ebertz aus Freiburg die Breite und Tiefe des Begriffs Grenzen. Er führte aus, wie wir als Menschen Grenzen erfahren, wie wir (oder andere) diese setzen und welche Möglichkeiten es gibt, diese zu überwinden – falls wir Menschen dies wollen.

Dr. Waltraud Lorenz, Regensburg, berichtete anschließend von ihrer persönlichen Grenzerfahrung. Mit sehr bewegenden Worten gewährte sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen intensiven Einblick in einen Lebensausschnitt, der sie immer noch nachhaltig beeinflusst. Ihr ältester Sohn hatte vor einigen Jahren einen schweren Unfall, bei dem anfänglich nicht klar war, ob er überleben würde. Die Folgen sind für ihn und seine Familie weiterhin spür- und erlebbar. Eindrücklich schilderte die Dozentin für Psychologie, Heilpädagogik und Pädagogik, wie sie diese ganz persönliche Grenzerfahrung erlebte und lernte, damit umzugehen. Die psychologische Verarbeitung und ihr Umgang mit Spiritualität und Glaube sind ihr dabei wichtige Stützpfeiler.

Von einer Grenze, die viele Pflegende in ihrem Beruf in unterschiedlichsten Facetten erleben, handelte das Referat nach der Mittagspause. Beate Augustyn, die beruflich seit langem in der Hospiz- und Palliativarbeit in München tätig ist, reflektierte mit den Kongressbesuchern die Begleitung an der Lebensgrenze. Sie zeigte hilfreiche Strategien und Möglichkeiten für den eigenen beruflichen Alltag und schilderte anschaulich wertvolle Beispiele aus ihrer Praxis.

Prof. Dr. Hanna Mayer aus Wien verdeutlichte schließlich, welche Erkenntnisse in der Pflegewissenschaft zum Thema Grenzen diskutiert werden. Eine Annäherung ist durch das Erforschen von „grenznahen Gebieten“ möglich. Diese Gebiete sind in der Gesundheits- und Pflegewelt allgegenwärtig. Täglich überschreiten beispielsweise Pflegende Grenzen, wenn sie pflegebedürftige Menschen berühren. Die sorgfältige Auseinandersetzung mit den Grenzüberschreitungen ist für beruflich Pflegende notwendig und muss in der Wissenschaft weiter forciert werden.

Nachdenklich entließ der Pantomime und Theologe Benedikt Anzeneder die Besucher in den Salzburger Abend. Mit großer Leichtigkeit entführte er sie durch seine Körpersprache in eine Welt zwischen der Realität Pflegeheim und den Träumen eines Bewohners.

Ein besonderes Highlight war das traditionelle abendliche Konzert - es gab ein Orgelkonzert im Dom mit mehreren Orgeln, Trompete und Sologesang.

Der zweite Tag wurde durch einem Gottesdienst mit Dompfarrer Prälat Balthasar Sieberer im Mozartsaal des Kongresshauses eröffnet. Während der Pause konnte wie an den Vortagen die umfangreiche Ausstellung im Foyer besucht werden.

Der Schlussvortrag stand ganz im Zeichen der persönlichen Grenzen, die Pflegende und andere Tätige im Gesundheitswesen (nicht) erkennen. Dr. Christoph Hutter, Dipl.-Theologe und Dipl.-Pädagoge aus Münster, erläuterte anschaulich, welche Zusammenhänge es zwischen Erschöpfung, Zeit, Grenzen und dem „Stehen Bleiben“ gibt. Sein Resümee, das die Kongressbesucher überzeugte: „Vielleicht kann man Grenzen ja schätzen, statt sie permanent zu bekämpfen. Einfach nur, weil sie zu unserem Leben dazugehören. Und weil wir uns und anderen gut tun, wenn wir menschlicher auf unsere Grenzen schauen.“

Wieder einmal war der Kongress erfolgreich – auch wenn in diesem Jahr durch die „nationalen Grenzerfahrungen“ die Teilnehmerzahl geringer war. Langanhaltender Applaus nach den Vorträgen und die vielen intensiven Gespräche zwischen den Besucherinnen und Besuchern verdeutlichten dies. Die Veranstalter freuen sich bereits darauf, 2016 zum Jubiläumskongress einladen zu können!